Institut für Ethnologie der Universität Göttingen
Theaterplatz 15
D - 37073 Göttingen
Nach der Zeit der Khmer Rouge zwischen 1975-79 und darauf folgenden vietnamesischen Besatzung wird seit den 1990er Jahren in Kambodscha der Theravada-Buddhismus neu geordnet und etabliert. Daneben erlebt heute der vorbuddhistische ‚Brahmanismus‘ in Form von rituellem Umgang mit Geistern einen Aufschwung. Die rasant steigende Zahl von Geistmedien in der Stadt und auf dem Land weist auf die wachsende Bedeutung hin, die der Brahmanismus neben dem Buddhismus einnimmt. Vertreter des Brahmanismus und Kontaktpersonen der Geister sind die Geistmedien (kru boramey). Diese Geistmedien empfangen Klienten aus allen Teilen der Gesellschaft. Sie bieten Schutz, Heilung, Rat und spirituelle Macht, die im Tausch mit Geld und anderen Opfergaben vom Geistmedium akquiriert wird. Die Geister werden als wirkmächtig verstanden, um die Aufstiegschancen in der Gesellschaft zu vergrößern oder Konflikte zu den Gunsten des höchstbietenden Klienten zu entscheiden. So haben die Rituale mit Geistern beispielsweise auch eine Bedeutung für den Konflikt mit Thailand, da zum Schutz Kambodschas und zur Stärkung der kambodschanischen Armee brahmanistische Zeremonien für Politiker gehalten werden.
In meiner Dissertation widme ich mich vor allem der Frage, welche Bedeutung Geister und Geistmedien im Leben der Kambodschaner_innen einnehmen. Dabei untersuche ich die sozialen, ökonomischen, politischen und militärischen Kontexte, in denen Geister wichtig werden. Einen Schwerpunkt lege ich dabei auf die Arbeit der Geistmedien und ihre alltäglichen Rituale mit Klienten. Ich widme mich außerdem in einem zweiten Schwerpunkt den bemerkenswerten Verflechtungen von Politik und Geistern.
Die Datengrundlage meines Dissertationsprojektes besteht aus Interviews und teilnehmender Beobachtung, die ich während einer einjährigen Feldforschung in Kambodscha (2012-2013) durchgeführt habe.
In der Literatur zu Religion in Kambodscha finden Geister zwar immer wieder Erwähnung, sie werden dort aber meist nicht tiefergehend behandelt. Das Ergebnis der Arbeit soll eine in dieser Form noch nicht existierende Monographie zum Thema Geister in Kambodscha werden, die deren weitgehende Verflechtung mit der vorherrschenden reformistischen Politik und der aufstrebenden Ökonomie des Landes aufzeigt.